Alterung von Eseln
Wir erkennen oft schon von weitem den Unterschied zwischen einem jüngeren und einem älteren Tier. Ich möchte einen kurzen Überblick über die Hintergründe des Alterungsprozesses geben mit einigen Tips, wie man älter werdenden Eseln etwas "unter die Arme greifen" kann.
Was bedeutet eigentlich "Altern" ?
Altern ist gekennzeichnet durch somatische und funktionelle Veränderungen an fast allen Organsystemen des Organismus. Diese Veränderungen spielen sich auf der Ebene der Zelle im einzelnen Gewebsverband ab. So lagern sich hier im Laufe des Lebens Stoffwechselschlacken und Calcium ab. Außerdem kommt es zu Wasserverarmung, Elastizitätsverlust, Stoffwechselverlangsamung und Veränderungen im Mineralhaushalt durch Schäden im biomolekularen Zellstoffwechsel, wie: - veränderter Kernsubstanz Die Nährstoffe werden zum
einen für den täglichen Bedarf eingesetzt aber auch sofort bei nur dem geringsten Überschuss in Fettzellen gespeichert für schlechtere Zeiten. Nur diese erlebt der Esel in unserer Obhut in der Regel nicht. Der Stoffwechsel der Esel ist aufgrund seiner Herkunft und des Futterangebotes in den Herkunftsgebieten nur auf sehr geringe Fettreserven eingestellt. Aus dem Grund ist es für den Stoffwechsels eines normal ernährten Esels auch kein Risiko in Bedarfssituationen das Kommando zur Fettmobilisation aus den Reserven zu geben.
Verdichtung von Zellmembranen und Blockierung von Enzymen.
Die Folge von all diesen Alterungsvorgängen ist eine Abnahme der Zuverlässigkeit aller Regulationsvorgänge des Organismus. Wann es genau zu solchen Veränderungen kommt, läßt sich nicht genau am Lebensalter festlegen. Jedes Lebewesen altert von Geburt an. Wann es jedoch als alt bezeichnet werden kann, ist von genetischen Faktoren und der individuellen Konstitution abhängig. So gibt es Esel, die noch im höheren Lebensalter sehr vital sind und auch Esel, die schon früh unter Alterserscheinungen leiden, obwohl sie in ihrem Leben so gut wie nichts gearbeitet haben. Alterserscheinungen der Zähne und des Verdauungsapparates: Selbst einem geschenkten Esel sollte man hin und wieder einmal ins Maul schauen ! Für ein glückliches Esel - Dasein sind gesunde Zähne von entscheidender Bedeutung! Esel reiben jährlich ca. 2 mm ihrer Zahnsubstanz beim Kauen ab. Die Zähne werden glücklicherweise nachgeschoben. Dadurch kommt es jedoch auch zu Veränderungen der Zahnstellung . Bei angeborenen Fehlstellungen der Zähne oder erworbenen Veränderungen durch z. Bsp. Krippenwetzen treten besonders Probleme auf. Die bekannten Haken der Backenzähne entstehen durch die unterschiedliche Abnutzung der Innen - und der Außenkanten. Die Ursache dafür ist die Stellung des Oberkiefers zum Unterkiefer. Da der Oberkiefer breiter ist als der Unterkiefer, entstehen am Oberkiefer im Bereich der Backen die Haken und beim Unterkiefer an der Seite der Zunge (siehe Abbildung). Mit zunehmendem Alter kommt es auch zu Zahnverlusten. Da dann der gegenüberliegende Backenzahn keinen Gegenspieler mehr hat, an dem er sich abreiben kann, schiebt er sich weiter in die Maulhöhle und so kommt es zu Stufen- und sogenannten Treppengebissen.
Anzeichen für Zahnprobleme sind:
- schlechtes Fressen
- "Röllchen" - kauen
- Verlust von Körpergewicht
- stinkender Mundgeruch
- Fieber durch faule Zähne, Geschwüre oder Abszesse
- Schlundverstopfung durch schlecht zerkleinertes Futter
Was kann man tun?
- regelmäßig die Zähne vom Spezialisten kontrollieren lassen, besonders bei Eseln mit Zahnfehlstellungen.
- Haken-, Treppen-, Wellen- und Stufenbildung im Anfangsstadium behandeln und nicht warten bis der arme Esel gar nicht mehr kauen kann.
- Besonders ist auf das Längenverhältnis Schneidezähne / Backenzahne zu achten, da sehr oft zwar regelmäßig die Backenzähne geraspelt werden, jedoch vergessen wird, daß die noch so schön gefeilten Backenzähne erst wieder Futter mahlen können, wenn sie aufeinander reiben können; und das können sie oft nicht, weil die Schneidezähne zu lang sind ! Also denken Sie daran, wenn Ihr Esel, trotz geraspelter Backenzähne immer noch schlecht kaut, an die eventuell zu langen Schneidezähne !
Magen - Darm - Trakt:
Im Alter läßt die Verdauungsleistung nach. Die Ursachen für eine veringerte Verdaulichkeit können im Bereich der Verdauungsenzyme, der Darmmotorik und im komplexen bereich der Resorption der Futterbestandteile liegen. ( Die Verdaulichkeit ist das Maß für den Teil des Futtermittels, der nicht wieder mit dem Kot ausgeschieden wird, sondern über die Darmwand aufgenommen wird.)
Typische Folgen von Altersveränderungen am Magen - Darm - Trakt sind also:
- Malabsorption
- verminderter Stoffumsatz
- verminderte Speicherfähigkeit von Nährstoffen
Der Energiebedarf der älteren Esel sinkt jedoch im Vergleich zu jüngeren Eseln um ca. 10 - 20 % ab, u.A. auf Grund von geringerer spontaner Aktivität.
- sobald Hinweise auf eine ungenügende Futterverdauung vorliegen muß die Energiezufuhr erhöht werden (z.B. mit Pflanzenöl)
- es sollte auf hochwertige Eiweiße geachtet werden (Dünndarmverdauung), Grünfutter, Grassilage, Soja
Der Blut - Eiweiß - Gehalt gibt Aufschluß über die Eiweißversorgung des Organismus. Ein Absinken des Blut - Eiweiß - Gehaltes führt zu Ödembildung.
- Genügend Rohfaser in der Futterration der Esel regt die Darmmotorik an
- Mineralien: Im Gegensatz zu jüngeren Eseln ist bei der Fütterung älterer Esel auf ein Calcium - Phosphor - Verhältnis nicht über 1 : 2 zu achten, wegen der nachlassenden Phosphor - Verwertung.
- Spurenelemente und Vitamine :
wegen Resorptionsabnahme Im Alter, sollte die Zufuhr von Zink und Selen, sowie von Vitamin A und Vitamin E erhöht, bis zu verdoppelt werden. Der Gehalt an B - Vitaminen und eventuell auch Vitamin C sollte erhöht werden, da die körpereigene Synthese und die Resorption nachläßt. Im Extremfall kann eine altersbedingte Verdauungsstörung sogar zu chronischem Durchfall mit hochgradiger Abmagerung und starkem Kräfteverlust führen.
Bewegungsapparat:
Im Alter stehen degenerative Gelenkerkrankungen bei den Veränderungen des Bewegungsapparates an erster Stelle. Durch Verschleiß im Laufe des Lebens kommt es zu Umbauprozessen im Bereich der Gelenke, die man als Arthrosen bezeichnet. In der Regel sind Knorpeldefekte mit knöchernen Brückenbildungen korreliert (Schale, Spat ...) Bei den Sehnen und Bändern kommt es zu Elastizitätsverlust mit z. T. Kalkeinlagerungen, die die Belastbarkeit des Gewebes herabsetzen. Bei den knorpeligen Anteilen des Bewegungsapparates kommt es zu Verknöcherungen und somit zu einer Versteifung. Das hat vor Allem im Bereich der Wirbelsäule und beim Hufknorpel eine Bedeutung. Die Ohrknorpel der Esel sollen nur äußerst selten verknöchern. Die oben beschriebenen Veränderungen treten bei jeder Haltungsform auf. Um jedoch mit diesen Veränderungen leben zu können, ist regelmäßige gleichmäßige Bewegung mit einem dem Zustand des Esels angepaßtem Training von entscheidender Bedeutung um der Muskelatrophie, der Steifheit und dem Kräfteverlust entgegenzuwirken !
Herz - Kreislauf Apparat:
Auch hier hinterläßt das Alter seine Spuren. Stoffwechselstörungen des Herzmuskels und schlechtere Durchblutung führen zu Ermüdung und Erschlaffung des Herzens. Durch einen Verlust der Elastizität und durch Verdickungen der Blutgefäße kommtes zu einer Erschwerung des Blutflusses.
Anzeichen für verminderte Herzleistung sind:
- schlechte Erhohlung nach Anstrengungen (Puls - und Atemfrequenzen fallen nur sehr langsam ab)
- Neigung zu Ödemen an den Extremitäten oder am Unterbauch
- leichtes Schwitzen bei Anstrengungen
Durch angepaßte Bewegung und frische Luft kann man versuchen den Zustand möglichst lange zu halten.
Haare und Haut:
Ein häufiges Problem im Alter der Esel sind Fellwechselstörungen. Die Impulse für den Fellwechsel laufen über die Hirnanhangdrüse. Da es hier im Alter sehr häufig zu Störungen kommt, verlieren viele ältere Tiere ihren Winterpelz nicht und müssen geschoren werden. Die Zufütterung von Vitamin - und Mineralpräpartaten bringt hier meist nur geringe Verbesserung.
Atmungstrakt:
Die Atemwege zweigen sich fein verästelt auf, bis am Ende die Alveolen erreicht werden. Diese Lungenbläschen entleeren ihre Luft normalerweise passiv durch Zusammenziehen, wie ein Luftballon. Im Laufe des Alterungsprozesses kann diese elastische Funktion des Lungengewebes mehr oder weniger stark abnehmen und zu einer vermehrten Restluft in der Lunge führen, dem sog. Altersemphysem. Bei vorangegangenen Atemwegserkrankungen ist die Neigung zu dieser Alterserscheinung besonders groß, deshalb ist es wichtig schon in jungen Jahren die Atemwege der Esel gesund zu halten und möglichst auch durch Impfungen vozubeugen. Staubarme Haltung mit viel frischer Luft sind für das Wohlbefinden aller Eseln, aber insbesondere von Eseln mit Altersemphysem, von größter Bedeutung.
Innere Organe und Sinnesorgane:
Da auch die sonstigen Organsysteme nicht von den Alterungsprozessen verschont bleiben ist es wichtig bei Verdachtsmomenten, wie stumpfem Fell, Abmagerung, etc. weitergehende Untersuchungen (z.B. Blutuntersuchung) durchzuführen um möglichst frühzeitig Störungen feststellen zu können und dann die geeigneten Maßnahmen ergreifen zu können.